Waldemar Willy Kutschbach feiert am 13. Januar 2025 seinen 100. Geburtstag.

Ein knapp 90-minütiges Gespräch ist nicht genug für ein Leben, für ein einhundert Jahre altes Leben gleich gar nicht. Waldemar Willy Kutschbach nimmt sich Zeit für uns, ein bisschen plaudern, ein paar Schmankerl aus dem Leben berichten. „Hach, wo fängt man da an. Wollen Sie die politische Entwicklung oder die wirtschaftliche?“, fragt er. Ja, er hat recht. 100 Jahre Leben bedeuten 100 Jahre Zeitgeschehen

Mit 17 Jahren wird er eingezogen

Waldemar Willy Kutschbach wurde am 13. Januar 1925 geboren. Es war eine Hausgeburt im elterlichen Bauernhof in Collis, der heutigen Gaststätte. Er blieb das einzige Kind seiner Eltern. Anders seine Großeltern väterlicherseits. „Meine Großmutter hatte fünf Kinder zur Welt gebracht“, erzählt er. Waldemar Kutschbach wird zeit seines Lebens in Collis leben, in der Wohnung, in der er geboren wurde – später mit Ehefrau Ruth und den drei Kindern Erika, Brigitte und Wilfried. 

Geboren in einer Zeit, in der die Schatten des Ersten Weltkrieges noch über den Dächern lagen und der Zweite Weltkrieg noch tiefe Wunden ziehen sollte. Waldemar ist 16/17 Jahre alt, als er einberufen wird. „Aus politischen Gründen, weil mein Vater sich nicht den Nazis gebeugt hat“, erinnert er sich. Er sollte in Frankreich an die Front, kam aufgrund von gesundheitlichen Problemen zurück nach Deutschland und letztendlich an die Front nach Russland. 

Er kennt die Orte, an denen es heute wieder Krieg gibt. „Nach verlorener Schlacht sind wir heimgekehrt, zu Fuß von der Ukraine nach Collis. Es war ein Gedicht, als ich nach zwei Jahren den Reuster Turm wiedergesehen habe. Meine Mutter war so voller Freude, dass sie dem ganzen Dorf Bescheid geben wollte. Es war der 28. Mai 1945 als ich zu Hause ankam, doch ohne Papiere konnte ich mich nicht ausweisen. Hätten die Russen mich erwischt, wäre ich ins Gefangenenlager nach Sibirien gekommen.“

Es war der Colliser Bürgermeister, der ihm Papiere ausstellte und ihm bescheinigte, dass er Waldemar Willy Kutschbach ist. 

1948 lernt er seine Frau Ruth Köhler kennen

Zweieinhalb Jahre später lernt er beim Fest der Haushaltsschule in Ronneburg seine künftige Frau Ruth Köhler aus Zagwitz kennen. „Nicht nur kochen, backen und den Haushalt führen konnte sie. Sie kam von einem Bauernhof, das war wunderbar für mich.“ Sie zogen auf Kutschbachs Bauernhof und traten das elterliche Erbe an. „Ostern 1948 haben wir uns verlobt, im Dezember geheiratet, und bereits im September kam unsere erste Tochter zur Welt.“ Jeweils sechs Jahre später folgten Brigitte und Wilfried.

Bis zur Teilung Deutschlands betrieben die Eheleute ihre Landwirtschaft. „Zu DDR-Zeiten wurden unsere Kühe und Felder von der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) übernommen und bewirtschaftet. Sowohl Ruth als auch Waldemar haben eine Arbeit bei der LPG bekommen. Während seine Ehefrau auf dem Feld unterwegs war, wurde er Brigadier in Collis und wechselte später in die Wissenschaft an die Universität Jena. Dafür nahm Waldemar Willy Kutschbach noch ein Studium der Chemie und Mathematik auf.

Immer mit dem Auto unterwegs gewesen

Mit der Wende konnten beide – sie war 60, er 65 Jahre alt – in den Ruhestand eintreten. Zu dieser Zeit haben sie ihren Bauernhof in eine Herberge und spätere Gaststätte ausgebaut, die sein Sohn Wilfried samt Ehefrau Ute führt. 

Ruth und Waldemar Kutschbach sind in ihrem Leben viel gereist. Vor der Wende in alle sowjetischen Länder, danach von Schweden nach Spanien, von Frankreich nach Gibraltar. „Alles mit dem Auto“, sagt Sohn Wilfried. „Mein Vater ist bis zu seinem 94. Lebensjahr Auto gefahren, dann hat er ihn mir freiwillig abgegeben. Bis zu seinem 80. Lebensjahr sind unsere Eltern gereist. Unsere Mutter ist 2009 verstorben“, erzählt der Drittgeborene weiter.

Bis zu seinem 98. Lebensjahr hat Waldemar Willy Kutschbach den Bauerngarten bewirtschaftet. „Ich sehe ihn noch im Garten stehen und umgraben“, sagt seine Tochter Brigitte Krüger. „Im vergangenen Jahr hat er noch gehackt.“ 

Harte Arbeit, nie geraucht, kaum Alkohol getrunken

Dass er so alt wurde, läge an der lebenslangen harten Arbeit, meint er. „90 Prozent meines Lebens habe ich schwer gearbeitet. Die Arbeit hat mich so alt gemacht, ich habe immer in der Landwirtschaft gearbeitet.“ 

Wenn es seine Verfassung zulässt, geht er noch heute spazieren. „Das ist ihm wichtig, wenigstens bis zum Dorfplatz“, sagt Erika Ettel. Entweder sie oder ihre Schwester begleiten ihn bei seinen Rundgängen, allein geht es nicht mehr, wobei ihn das stört. 

Ob er sich besonders gesund ernährt habe? „Nein, ich esse fast alles. Ich esse jeden Tag ein Ei, in Summe sind das in der Woche locker zehn – ist ja auch noch irgendwann mal irgendwo ein Ei mit im Essen versteckt, nicht? Eintopf mag ich nicht“, sagt er. „Roster liebt er“, fügt Tochter Brigitte hinzu.

Nie geraucht und nur wenig Alkohol – das klassische Feierabendbier gab es nie. Ab und an mal ein Gläschen Wein oder Bier am Abend, wenn er unten bei seinem Sohn in der Gaststätte saß. Hier findet er auch immer eine gute Runde, um eine Partie Skat oder Doppelkopf zu spielen. 

Drei Tage wird in Collis gefeiert 

Drei Tage will Waldemar Willy Kutschbach feiern. Am heutigen Montag, 13. Januar, steht die Familie im Mittelpunkt. Bei drei Kindern, neun Enkeln und elf Urenkeln ist das Haus schon voll. Am morgigen Dienstag, 14. Januar, wird ab 15 Uhr mit den Collisern gefeiert. Abschließend am Mittwoch mit ehemaligen Kollegen, je nachdem eben. Bei einem 100-Jährigen kann die Zahl der ehemaligen Kollegen sehr überschaubar sein.

Quelle: OTZ: https://www.otz.de/lokales/gera/article408065150/ein-jahrhundert-voller-geschichten-in-gera-feiert-waldemar-willy-kutschbach-seinen-100-geburtstag.html?kc=success

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