Gera „Lusan selbst ist mit Breitband gut versorgt. Aber wir in Zeulsdorf sind davon völlig abgeschnitten. Ich verfüge zwar über eine 2000er Leitung, aber davon liegen nur etwa 1200 Mbit an. Wenn ich Glück habe. Gerade in der Lockdown-Zeit, wo viele Menschen zu Hause sind, kann ich mir beim Herunterladen eines E-Mail-Anhangs einen Kaffee holen. Das dauert ewig“, beschreibt Ronny Grosser. Der Geraer Gastronom hat genau aus diesem Grund sein eigenes Büro ausgelagert – an einen Standort mit schneller Internetverbindung. Für seine geschäftliche Computerarbeit steigt er lieber ins Auto und fährt einige Kilometer.
Das kann seine Lebenspartnerin derzeit nicht, sondern muss von zu Hause aus arbeiten. „Das geforderte Tagespensum mit einem langsamen Internet zu schaffen, ist sportlich. Ist noch dazu das Kind im WLAN, geht erst einmal gar nichts“, berichtet Grosser. Er habe am Apfelbaum und irgendwo in der Garage LTE. Aber ein effektives Arbeiten sei eben nicht möglich, sagt er mit gewissem Galgenhumor und verschweigt auch nicht, dass deshalb manchmal die familiäre Frustgrenze erreicht ist.Glasfaserkabel bleibt Wunschtraum
Das teure DSL nochmals teuer aufzurüsten, ist Ronny Grosser nicht bereit, auch wissend, dass wohl niemand vor seiner Haustür in naher Zukunft ein rettendes Glasfaserkabel legen wird. Weil sich das nicht rechnet. Er findet, Land und Staat müssten mit Geldern unterstützen, damit endlich der ländliche Raum komplett versorgt werden kann. „Denn der Anspruch und die tatsächlichen Voraussetzungen gehen hier sehr weit auseinander.“
Ähnliches Dilemma treibt seit Jahren auch Einwohner und den Ortsteilrat Gera-Thränitz mit Collis und Am Stern um. „Seit 2003 bin ich hier Ortsteilbürgermeister und kenne die Schwierigkeiten mit dem digitalen Netz und mit Mobilfunk. Es kann nicht sein, dass man stets improvisieren muss, damit man überhaupt einen Empfang bekommt. Zurzeit läuft es nur schlecht als recht über das Mobilfunknetz. In Collis und in Thränitz haben sich viele Firmen und Gewerbe angesiedelt. Sie alle sind auf das Netz angewiesen, Schulkinder benötigen es fürs Homeoffice“, erklärt Dieter Karius. Matthias Diezel, stellvertretender Ortsteilbürgermeister, ringt seit 2012 um eine bessere Versorgung. Gerade mal drei Unternehmen beziehungsweise Einrichtungen hätten 500-er-DSL, erzählt er.Schulen glauben nicht, dass in Thränitz nichts geht
Matthias Diezel musste sogar Bestätigungen für Schüler ausstellen, dass in Thränitz kein Internet verfügbar und deshalb Homeschooling nicht möglich ist. „Die Schulen haben das nicht geglaubt“, so Diezel. Selbst hatte er schon an Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) geschrieben und mit einem Banner am Straßenrand auf dessen persönliches Versprechen für schnelles Internet bis spätestens 2019 aufmerksam gemacht.
„Die Einwohner verstehen nicht, warum sich das Internet in der Stadt permanent verbessert, während sie in den Randgebieten abgehängt bleiben“, weiß Dieter Karius. Zum Breitbandausbau hatte die Stadt Gera ein Interessenbekundungsverfahren geführt. Der Ortsteilrat erhielt auf kürzliche Nachfrage zum aktuellen Planungsstand die Auskunft, dass der Vergabevorschlag für den Breitband-Infrastrukturausbau der Stadt am 1. März im Vergabeausschuss behandelt werde. Nach Zustimmung werde bei den Fördermittelgebern Bund und Land ein Konkretisierungsantrag eingereicht. Sobald dann der finale Zuwendungsbescheid vorliege, komme es zur Vertragsunterzeichnung mit dem ausgewählten Telekommunikationsunternehmen. Der Ausbau soll wie geplant bis 2024 abgeschlossen sein. Wann konkret in welchem Ortsteil der Ausbau realisiert werde, könne noch nicht gesagt werden. Sobald das Unternehmen ausgewählt sei, werde es Gespräche zum Vorgehen geben.
Quelle: OTZ